Noch Acker: Das Grundstück der Familie Kümpel in Stahnsdorf
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Family Business rund um das S-Bahn-Areal

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Spekulation mit Grundstücken kann einfacher sein, wenn man die Möglichkeit hat, an interne Informationen zu gelangen. In Stahnsdorf ist es kein Geheimnis, dass die Familie Kümpel nicht nur in der Gemeindevertretung zu finden ist, sondern auch ein Ackergrundstück an der Landesstraße L 77n besitzt, das voraussichtlich im Umfeld des zukünftigen S-Bahnhofes liegen wird. 

Christian Kümpel hat zwar seinen Posten als Gemeindevertreter (freies Mandat für die FDP) abgegeben, doch sein Sohn Jakob Kümpel – nach eigenen Angaben einer der Grundstückseigentümer – ist sein Nachfolger. Sein Vater, Herausgeber und Autor einer Lokalzeitung, sitzt unterdessen als sachkundiger Einwohner für die AfD ausgerechnet im S-Bahn-Ausschuss und kommt hier im nicht-öffentlichen Teil an Informationen, die seiner Familie nützlich sein können.

Gemeindevertreter überbietet Gemeinde Stahnsdorf

Vor allem mit Letzterem hat SBahn- Ausschuss-Vorsitzende Ines Pietsch (Bürger für Bürger) ein Problem. „Ich finde, es ist auch eine moralische und ethische Frage“, sagt sie. „Er hat zum einen die Möglichkeit, Informationen im Vorfeld zu erhalten und auch diese für seine Zwecke zu nutzen, was sich schon seinerzeit beim Kauf der Fläche zeigte.“ Damals habe die Familie Kümpel die Gemeinde Stahnsdorf bei der Versteigerung des Grundstückes überboten, für das ein gutachterlicher Verkehrswert von 58.300 Euro ermittelt worden war. 

Das Maximalgebot Stahnsdorfs war in den nicht-öffentlichen Sitzungen des Bauausschusses festgelegt worden, zu denen Christian Kümpel als Gemeindevertreter Zugang hatte. Auch von der Versteigerung habe er nur aus der Sitzung gewusst, so der Vorwurf.

“Angebot der Gemeinde hat keine Rolle gespielt”

Kümpel hatte auf Anfrage erklärt, dass er keine nicht-öffentlichen Informationen genutzt habe. Das sei schließlich nicht erlaubt. Vielmehr sei es eine öffentliche Zwangsversteigerung gewesen und das Angebot Stahnsdorfs nicht einmal in die Nähe des Höchstgebotes gekommen. Damit habe es unter den rund 25 Interessenten keine Rolle gespielt. 

Für die Ackerflächen, deren Bodenrichtwert damals bei rund 70 Cent pro Quadratmeter lag, habe seine Familie rund 10 Euro pro Quadratmeter geboten, also rund das 14-Fache. Seit dem Zuschlag im Januar 2017 gehört der Acker – abzüglich eines Teils, der in der Zwischenzeit für den Straßenbau enteignet wurde – damit der Familie. Das Feld ist verpachtet und wird bewirtschaftet.

Wertsteigerung durch Entwicklung des Areals

Jetzt geht es im S-Bahn-Ausschuss um die Entwicklung des Areals: Wo soll Wohnbau geplant werden, wo Gewerbe, wo Grün, wo ein Supermarkt – für den es laut Christian Kümpel für das Familien-Grundstück bereits einen Vorvertrag gibt? Kümpel kann sich auf der noch rund 28.000 Quadratmeter großen Fläche einen rund 5000 Quadratmeter großen Park vorstellen, der Rest werde vermutlich an einen Investor verkauft, der diesen entsprechend der Gemeindeplanungen entwickeln soll. 

Da anschließend an das Grundstück derzeit die Abstellgleise geplant sind, scheint Gewerbe am sinnvollsten, so Kümpel. Eine enorme Wertsteigerung der Fläche ist bei einer entsprechenden Umwidmung jedoch wahrscheinlich, liegt doch der Bodenrichtwert im benachbarten Wohngebiet aktuell bei 600 Euro pro Quadratmeter. „Kommt natürlich darauf an, ob die S-Bahn kommt. Wenn nicht, dann bleibt es Ackerland“, so Kümpel.

Kann ein sachkundiger Einwohner ausgeschlossen werden?

Aber noch ist alles offen, denn derzeit werden im Ausschuss die Kriterien festgelegt, nach denen ein städtebaulicher Wettbewerb stattfinden soll, was gewünscht wird und welcher Bereich genau entwickelt werden soll. Diskutiert und entschieden wird von den Mitgliedern des S-Bahn-Ausschusses. Hier sei Christian Kümpel auch in Absprachen im nicht-öffentlichen Teil involviert, so Pietsch, die das mit Bauchweh beobachtet – wegen seines familiären Interessenskonfliktes und seiner journalistischen Tätigkeit. 

In der Stahnsdorfer Verwaltung habe sie die Auskunft bekommen, dass er als sachkundiger Einwohner nach der Kommunalverfassung nicht ausgeschlossen werden könne, auch wenn er Vorteile erhalten würde – da er ja ohnehin zur Geheimhaltung verpflichtet sei.

Schon der „böse Anschein“ von Korruption soll vermieden werden

„Nach den kommunalrechtlichen Vorschriften dürfen Ratsmitglieder weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung ihnen selbst, einem Angehörigen, einer von ihnen vertretenen juristischen Person oder dem Arbeitgeber einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann“, widerspricht Kreissprecher Kai-Uwe Schwinzert. 

Damit soll sichergestellt werden, dass nicht individuelle Sonderinteressen über das Allgemeinwohl gestellt werden. Schon der „böse Anschein“ von Korruption soll damit vermieden werden, so Schwinzert. Hinsichtlich der journalistischen Tätigkeit Kümpels verweist die Kommunalaufsicht auf die Verschwiegenheitspflicht ehrenamtlich Tätiger.

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Christian und Jakob Kümpel geben sich schmallippig. Auf die Frage, wem das Grundstück genau gehört, sagt Christian Kümpel: „Leider steht es mir nicht zu, Namen zu nennen. Da geht es schließlich um Persönlichkeitsrechte.“ Er könne nur versichern, dass er kein Miteigentümer ist. Er beteuert aber, als sachkundiger Einwohner nichts zu erfahren, „was nicht alle wissen können“. Auf den Hinweis zu seiner Anwesenheit in den nicht-öffentlichen Teilen geht er nicht ein und zur journalistischen Tätigkeit sagt er: „Als Herausgeber gehe ich entspannt mit allen Informationen um.“

Jakob Kümpel räumt ein, selbst Miteigentümer zu sein – das sei auch dem Ortsvorstand der FDP bekannt. Grundsätzlich sei er, wie alle Gemeindevertreter, verpflichtet, bei einer „etwaigen Befangenheit an Beratungen und Abstimmungen nicht teilzunehmen“, was er selbstverständlich vorhabe. „Ohne Ausnahme“ halte er seine Verpflichtung ein, aus nicht-öffentlichen Sitzungen nicht zu berichten, sagt Jakob Kümpel und spricht damit die berufliche Tätigkeit seines Vaters an. „Wenn der Sohn eines Herausgebers nicht politisch aktiv werden dürfte, lebten wir in keinem demokratischen Land.“ 

Mein Sohn redet in letzter Zeit wenig mit mir. Er hält mich für einen konservativen Knacker. Vielleicht hat er da sogar ganz recht.

Sein Vater sieht wenig Gefahr, dass Informationen auf diesem Weg zu ihm gelangen: „Mein Sohn redet in letzter Zeit wenig mit mir. Er hält mich für einen konservativen Knacker. Vielleicht hat er da sogar ganz recht“, sagt Christian Kümpel.

Zu seinen Vorstellungen, was mit dem Grundstück geschehen soll, das er mit besitzt, äußert Jakob Kümpel sich nicht. „Die Vorstellungen meines Vaters sind das eine. Entscheidend sind eher die Vorstellungen der Bürger, der Gemeindevertreter und der Stadtplaner.“ Er hätte gerne etwas, was am Ende den Ort voranbringt. Erst müsse die Gemeinde ihr Konzept vorstellen, dann könnten sich die Vorstellungen der Eigentümer entwickeln.

Foto: Konstanze Kobel-Höller