Was will die Jugend in Teltow?
„Wir möchten uns für die Interessen der Jugendlichen einsetzen“, sagt Vivien Windsch (19), die im zweiten Jahr der Ausbildung zur Erzieherin ist. Shirley Jean Bake (15) ergänzt: „Wir machen das, damit wir etwas bewirken können.“ Die beiden Jugendlichen sind zwei von zehn Mitgliedern des neu eingerichteten Teltower Jugendbeirates. Sie wissen, was Gleichaltrigen in der größten Stadt des Landkreises Potsdam-Mittelmark fehlt – oder wollen es zumindest in den nächsten beiden Jahren während ihrer Zeit im Jugendbeirat herausfinden.
Teltow braucht mehr Platz für Jugendliche
Das größte Anliegen, davon sind beide überzeugt, sind mehr Möglichkeiten, wo Jugendliche nach der Schule und abends Zeit verbringen können. Mehr Grünflächen, weniger Bebauung, das sei von den meisten gewünscht. Auch würden Hundebesitzer, von denen es auch Vertreter im Beirat gibt, dringend mehr Mülleimer benötigen. Für Spielplätze seien sie zu alt, außerdem seien diese meistens nachts nicht beleuchtet, und an anderen Stellen würden sie oft von Nachbarn weggejagt – auch, weil alle Jugendlichen einfach in einen Topf geworfen würden, beklagt Shirley Jean Bake.
Selbstkritik an der eigenen Generation
„Glasscherben, Zigarettenkippen und Müll auf den Spielplätzen – das ist nicht schön für die Kinder“, übt Vivien Windsch etwas Selbstkritik an der eigenen Generation. Die Lösung wäre ein Platz „mit ein paar nicht zu abgeranzten Bänken, bei denen man sich keine Holzsplitter einzieht“, und Beleuchtung, an dem man vielleicht sogar ein Lagerfeuer machen kann, wünschen sich die beiden Jugendlichen. Wo das sein soll, das wissen sie aber nicht so richtig. Vielleicht am Großbeerener Weg, auch wenn der nicht gerade zentral liegt. „Es ist schwierig, noch etwas in Teltow zu finden“, sagt Vivien Windsch. Zum einen werde immer mehr gebaut, so Shirley Jean Bake, zum anderen komme man schnell ins Landschaftsschutzgebiet.
Was macht der Jugendbeirat?
Der Teltower Jugendbeirat besteht aktuell aus zehn Jugendlichen – fünf jungen Frauen und fünf jungen Männern – die dieses Ehrenamt zwei Jahre lang ausüben.
Sie treffen sich mindestens einmal vor jeder Stadtverordnetenversammlung, also sechsmal im Jahr, und erhalten 30 Euro Aufwandsentschädigung für jede dieser Sitzungen. Tatsächlich finden mehr Treffen statt, die aber unentgeltlich sind.
Das Gremium ist unabhängig, überparteilich und frei in der Wahl seiner Themen, die für Kinder und Jugendliche relevant sein müssen.
Es soll die Politik durch Anregungen, Empfehlungen und Stellungnahmen beraten, Sichtweisen, Bedarfe und Interessen aufzeigen und vor allem Lobbyarbeit für die Jugend leisten.
Der Jugendbeirat möchte helfen, eine lebenswerte Stadt für die Jugend zu gestalten und Anlaufstelle für politisch interessierte und engagierte Jugendliche sein.
So richtig wissen sie und ihre acht Mitstreiterinnen und Mitstreiter jedoch noch gar nicht, was die Jugendlichen in Teltow eigentlich bewegt. Aus diesem Grund startet der Jugendbeirat nach den Sommerferien in allen drei weiterführenden Schulen Teltows – Immanuel-Kant- Gymnasium, Grace-Hopper-Gesamtschule und Hans-Christian- Andersen-Schule – eine Umfrage: „Damit wir wissen, in welche Richtung wir gehen sollen. Wir wollen ja, dass alle sich wohlfühlen.“
Umfrage auf Papier
Gefragt wird dabei – ganz altmodisch auf Papier – unter anderem nach Themen wie Umwelt, Spielplätzen, Grünflächen oder Freizeit. Die Teltower Gruppe ist breit gemischt. Die zehn Jugendlichen sind im Alter von 14 bis 19 Jahren, besuchen Gymnasien in der Region und in Berlin, Gesamtschulen oder berufsausbildende Schulen. Unter den Hobbys findet man eine breite Mischung – etwa Klavier spielen, Chor, Forschen, Basketball-Trainerin, Jugendfeuerwehr, Fortbildung für Grundschüler, Fahrradfahren, Fußballspielen oder mit Freunden treffen.
Regelmäßige Treffen der Jugendlichen
Die Mitglieder verabreden sich mindestens einmal vor jeder Stadtverordnetenversammlung, tatsächlich finden mehr Meetings statt. So gab es bisher schon sechs bis acht Treffen. Die ersten beiden, um sich kennenzulernen, denn manche hatten sich noch nie vorher gesehen, andere kannten sich schon seit Jahren. Auch die Vorstellung bei den Stadtverordneten hat zwei Termine in Anspruch genommen.
„Nach den Sommerferien geht es dann wahrscheinlich richtig los“, hofft Shirley Jean Bake, die aus dem Kreis-Jugendbeirat ein anderes Tempo gewohnt ist. Hier wird die Gruppe allerdings – anders als in Teltow – recht engmaschig durch Erwachsene begleitet, sagt sie – das gibt zwar weniger Freiheit, aber dafür deutlich mehr Struktur und man kommt mehr voran, meint sie.
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Doch für wie realistisch schätzen die zwei Beirats-Mitglieder selbst ein, dass es ihr Gremium in zwei Jahren noch gibt? Hier sind beide optimistisch. Zum einen, weil sie davon ausgehen, dass sie in den kommenden Monaten noch bekannt und beliebt werden, zum anderen, weil noch andere, jüngere Jugendliche mitmachen wollen. Doch bei der Frage, wie viele von den jetzigen Mitgliedern nach zwei Jahren, dem Ende der Amtszeit, noch mit dabei sein werden, sind sie sich nicht ganz so einig.
Werden alle durchhalten?
Während Shirley Jean Bake davon ausgeht, dass noch alle Namen die gleichen sein werden, wenn auch vielleicht teilweise nur wegen der Aufwandsentschädigung von 30 Euro pro Pflichttreffen (also sechsmal im Jahr), kann sich Vivien Windsch durchaus vorstellen, dass der eine oder die andere vorzeitig aufhört.
Vorerst geht es aber darum, erst einmal alles zum Laufen zu bringen. Dazu gehört ein Social-Media-Auftritt und ein eigenes Logo. Das dauert etwas, denn hier müssen die Jugendlichen erst auf die Erlaubnis der Stadt warten, in deren Verantwortung letzten Endes alles liegt. Doch dann soll es Merchandising- Artikel geben, versprechen die beiden Beirätinnen.
Bekannter werden
Über Instagram und Co. hoffen sie auf mehr Feedback und Ideen von Gleichaltrigen. Was sie aber jetzt schon wissen: Auf dem Stadtfest Anfang Oktober werden sie mit einem Stand vertreten sein. Dort können sie sich präsentieren und zeigen, wer sie sind – und was sie umsetzen wollen. Vielleicht bekommen sie ja dann auch ein paar Ideen, wo sie die eine oder andere neue Bank aufstellen lassen sollen.
Foto: Konstanze Kobel-Höller (Vivien Windsch (li) und Shirley Jean Bake)