Gemeindezentrum Stahnsdorf, Foto: Gemeinde Stahnsdorf
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Stahnsdorf steht vor der Wahl

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Ihren Bürgermeister oder ihre Bürgermeisterin für die kommenden acht Jahre wählen die Stahnsdorfer:innen am kommenden Sonntag, dem 3. März 2024. Der Weg dorthin war ein steiniger – zumindest hinter den Kulissen – und der Wahlkampf ein ungewöhnlicher.

Einen Wechsel an der Spitze wünschen sich die meisten Nicht-Bürgermeister-Parteien – und auch einige Mitglieder seiner eigenen Wählergemeinschaft “Bürger für Bürger” – dringend. Ganz intensiv wurde hinter den Kulissen schon ein, zwei Jahre vor der Wahl darüber nachgedacht, einen gemeinsamen Kandidaten oder eine gemeinsame Kandidatin aufzustellen. Doch sollte sich bald zeigen: Die Konsensfähigkeit hat ihre (engen) Grenzen und irgendwie wollen die, die das Amt machen sollen, es nicht wirklich übernehmen.

Auf Kandidatensuche

So war der eine Kandidat vielleicht zu alt, zu unwillig und für eine andere Fraktion ohnehin nicht diskutabel, auf den anderen – aus Albers Haus sozusagen – hätte man sich vielleicht gerade noch einigen können, doch konnte der aus privaten Gründen nicht. Die einen zu ehrgeizig und lieber im Alleingang unterwegs, die anderen zu unmotiviert und vermutlich dem Wahlkampf nicht gewachsen.

Und so kam es, dass Harald Mushack von den Linken vorpreschte und als allererster, bevor die anderen überhaupt noch “Wahlkampf” sagen konnten, seine Kandidatur bekanntgab und seine Funktionen in der Gemeindevertretung abgab, um sich auf die nächsten Monate konzentrieren zu können. Damit war auf jeden Fall jede Einigkeit dahin, das Konstrukt begann sowieso zu bröckeln.

Bernd Albers, Bürger für Bürger, Bürgermeister Stahnsdorf, 26.1.2024
Bernd Albers, Bürger für Bürger

Doch auch ohne die Notwendigkeit, sich mit anderen Parteien oder Wählergemeinschaften einigen zu müssen, gab es reichlich Quälerei. BfB waren sich lange nicht sicher, ob sie wirklich Albers ein drittes Mal aufstellen wollen, oder ob sie jemand anderen ins Rennen schicken wollen. Die Wählergemeinschaft ist schon lange gespalten, auch und vor allem wegen ihres Bürgermeisters, der für manche der Leuchtturm, für andere untragbar ist.

CDU setzt auf jung, SPD auf Frau

Auch CDU und SPD waren mit sich selbst und der Suche nach geeigneten Kandidat:innen beschäftigt. In der SPD entschied man sich schließlich – nicht ganz reibungsfrei – für Tina Reich aus Teltow, die in Stahnsdorf ein Entsorgungsunternehmen leitet. Wohl ein Großteil ihres Wahlkampfes besteht nicht aus inhaltlichen Fragen, sondern darin, zu erklären, wieso sie als Teltowerin diese Funktion übernehmen möchte.

In der CDU musste ebenfalls erst die Konkurrenz davon überzeugt werden, dass Richard Kiekebusch die richtige Wahl ist. Wie Tina Reich ist er eine Besonderheit auf dem Parkett, ist er doch erst 28 Jahre alt und erst seit der vorigen Kommunalwahl auf der gemeindepolitischen Bühne präsent. Er ist in Gemeindevertreter und im Ortsbeirat Güterfelde, seine Familie ist seit vielen Familien im Ortsteil ansässig und bekannt. Wenigstens muss er sich diesbezüglich nicht erklären.

Richard Kiekebusch, CDU Stahnsdorf, Güterfelde, Bürgermeisterkandidat 2024, Foto: Laurence Chaperon
Richard Kiekebusch, CDU

Im übrigen sind sie die einzigen drei Kandidaten, die noch im Rennen sind, Harald Mushack hat so früh, wie er seinen Antritt bekannt gegeben hat, auch wieder seinen Austritt aus der ganzen Angelegenheit verkündet.

Podiumsdiskussionen ohne Bürgermeister

Häufig unsichtbar blieb aber auch der jetzige Bürgermeister Bernd Albers. Spötter zweifelten an seinem Interesse an seiner Wiederwahl und mutmaßten, dass er eher auf ein Landtagsmandat im Herbst hoffe. Das wiederum ist aber eher unwahrscheinlich, da er nur als Direktkandidat für die Freien Wähler antritt und nicht auf der Liste zu finden ist. Das bestätigt auch Landesvorsitzender Péter Vida noch einmal aktuell. Zudem hat Albers selbst bekräftigt, dass sein Interesse einzig dem Bürgermeisteramt gilt und er bei seiner Wiederwahl sogar von der Kandidatur als Direktkandidat zurücktreten würde.

Doch tatsächlich glänzte er in den vergangenen Wochen auffällig oft vor allem durch Abwesenheit, sowohl bei politisch wichtigen Terminen als auch im Wahlkampf in Zusammenhang mit den Gegnern. So ließ er sich beim Hauptausschuss am Donnerstagabend, 25. Januar, entschuldigen, er sei die ganze Woche krankgeschrieben und habe keine Stimme. Am nächsten Tag nahm er an der Eröffnung des regionalen Bauhofes teil und hielt auch eine Ansprache, am folgenden Sonntag an der Anti-Rechts-Demo in Kleinmachnow, ebenfalls mit Rede. Nicht anwesend war er dagegen am Samstag dazwischen, als es um das Gedenken an die Opfer des Faschismus ging.

Tina Reich, SPD Teltow, Bürgermeisterkandidatin Stahnsdorf 2024, Foto: Annette Koroll
Tina Reich, SPD

Die Podiumsdiskussion der Akademie 2. Lebenshälfte, in der Senior:innen die drei Kandidat:innen befragen konnten, mussten Reich und Kiekebusch ohne Albers bestreiten. Er habe den Termin verwechselt, zu spät im Kalender entdeckt und sei an dem Tag im Ausland, entschuldigte er sich. 

Albers befürchtet unfaire Behandlung bei Gewerbevereinsrunde

Bei den Diskussionen des B.U.N.D. und der Jugendlichen im EfJ Jugendzentrum Clab stellte sich der aktuelle Bürgermeister den Fragen, doch nicht überwinden konnte er sich zur Teilnahme an der Runde des Regionalen Gewerbevereins (RGV) am 27. Februar.

Am Vortag verschickte er an einige – offenbar handverlesene – RGV-Mitglieder eine Erklärung, in der er auflistet, welche Mitglieder SPD-Mitglieder sind. Auch wirft er dem Vorsitzenden vor, dass dieser gegenüber “Anhängern meiner Wählergruppe sinngemäß geäußert [habe], sein Ziel sei die Beendigung meiner Zeit als Stahnsdorfer Bürgermeister.” 

Nun habe der RGV – obwohl von ihm keine Zusage vorliege – zu einer Diskussion mit allen Kandidaten eingeladen. “Sie werden nachvollziehen können, dass aus meiner Sicht eine unparteiliche Veranstaltungsdurchführung unter den beschriebenen Voraussetzungen nicht zu erwarten ist.” Ihm sei wichtig, den Empfänger:innen dies mitzuteilen, damit diesen “nicht andere unzutreffende Dinge”, beispielsweise vom RGV-Vorsitzenden mitgeteilt würden.

Die Frage nach dem Datenschutz und der Weitergabe persönlicher Daten – nämlich der Parteizugehörigkeit – durch einen Diplomjuristen, wie auf Albers Homepage nachzulesen ist, mag noch geklärt werden. 

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Die RGV-Runde wurde übrigens zum Soloauftritt für Richard Kiekebusch, der sich trotz der offensichtlichen SPD-Durchsetzung des Vereins in die Höhle des Löwen wagte, denn Tina Reich, selbst früher im RGV-Vorstand, fiel krankheitsbedingt aus. 

Nun bleibt noch eine Diskussionsrunde, die äußerst knapp am Samstag vor der Wahl in Sputendorf abgehalten wird. Auch sie ging nicht ohne Wirbel im Vorfeld ab, wurde doch die Frage nach der Friedenszeit aufgebracht, die zumindest Medien üblicherwese einhalten: 24 Stunden vor der Wahl wird nicht mehr berichtet. 

Letzte Runde am Tag vor der Wahl

Albers, der vom Ortsvorsteher Sputendorfs unterstützt wird – seine Wählergemeinschaft “Wir Vier” wurde nur unter der Bedingung bei den “Freien Wählern” auf Landesebene aufgenommen, wenn “Bürger für Bürger” sich damit einverstanden erklärten – betonte, er habe von so einer Friedenspflicht/-zeit noch nie gehört, für ihn stelle der Termin jedenfalls kein Problem dar. 

Ob er sich jetzt wirklich den Fragen stellen wird, bleibt unterdessen noch offen, eine entsprechende Anfrage von whatz-up.de blieb bisher ebenso unbeantwortet wie andere, die diesen Artikel betreffen. Sollten noch Antworten einlangen, wird der Text natürlich aktualisiert.

Foto: Gemeinde Stahnsdorf