Familienfest 2023, Foto: Gemeinde Stahnsdorf
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Stahnsdorfer Familienfest erstmals Wahlkampfevent

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Eines der größten Events in Stahnsdorf ist zweifelsohne das Familienfest, zu dem die Gemeinde seit 2015 im September einlädt, wie auch auf der Homepage des Dorfes zu lesen ist. Anfangs fand parallel die Gewerbeschau des Regionalen Gewerbe Vereins Stahnsdorf-Teltow-Kleinmachnow (RGV) statt, voriges Jahr gab es dann gleichzeitig die Kunstallee, auf der zahlreiche regionale Künstler:innen ihre Arbeiten zeigten.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. 

Denn das Familienfest auf dem Dorfplatz wird erstmals nicht von der Gemeinde, sondern von der Wählergemeinschaft Bürger für Bürger organisiert – jener Vereinigung, der auch Bürgermeister Bernd Albers angehört. “Das ist das Fest von Herrn Albers anlässlich seiner Wiederwahl”, heißt es aus der Wählergemeinschaft Bürger für Bürger. Er zahle. Angemeldet habe es der Sprecher der Wählergemeinschaft, Gerold Maelzer.

Albers lässt sich kurz vor der Kommunalwahl feiern

Und ganz passend findet das Fest in diesem Jahr auch nicht im September statt, sondern am Samstag, 25. Mai – gerade einmal zwei Wochen und einen Tag vor der Kommunalwahl, bei der auch in Stahnsdorf eine neue Gemeindevertretung gewählt wird. Albers sei darauf aufmerksam gemacht worden, dass es ein ungünstiger Termin sei, so ein BfB-Mitglied. “Aber der Bürgermeister wollte es zeitnah haben.” Dabei dürfte sich zeitnah in diesem Fall wohl eher auf die anstehende Wahl beziehen, denn Albers Wiederwahl ist mittlerweile immerhin schon zweieinhalb Monate her.

“Kunstallee und Familienfest gekapert”

Das sorgt bei den übrigen Parteien für Ärger: CDU, SPD, FDP, B90/Grüne und Linke haben sich noch einmal zusammengetan und ihren Frust kommuniziert. Gemeinsam gaben die Spitzenkandidat:innen eine Presseerklärung heraus, in der sie von einem unfairen Wahlkampf sprechen: “Bürgermeister Albers und Bürger für Bürger kapern Kunstallee und Familienfest”, schreiben sie und kritisieren, dass der Hinweis fehle, “dass es sich um eine reine Wahlkampfveranstaltung handelt”. Lediglich in sehr kleiner Schrift sei der wahre Veranstalter am äußersten Rand genannt, ein Impressum sei nicht vorhanden.

Kritik: Schweres Täuschungsmanöver

Sie merken außerdem an, dass die gleichzeitig und ebenfalls am Dorfplatz stattfindende Kunstallee damit auch von Albers für eigenen Wahlkampfzwecke eingespannt werden. “Wissen das die ausstellenden Künstler?”, fragen die Spitzenkandidat:innen.  “Für uns ist das ein schweres Täuschungsmanöver. Es ist aber vor allem verdammt unfair gegenüber den Bürgern, Künstlern und nicht zuletzt gegenüber allen anderen Parteien”, sagen sie. 

CDU, SPD, FDP, B90/Grüne und Linke fordern Albers und Bürger für Bürger auf, die Einladungen klar als Wahlkampfveranstaltung zu kennzeichnen und den Veranstalter deutlich zu nennen. “Wenn Herr Albers sich für seine Wahl zum Bürgermeister (knapp die Hälfte der Wähler haben gegen ihn gestimmt) bedanken will, kann er das gerne bei sich im Garten tun”, schreiben die Kandidierenden. “Ein so prominenter Ort wie der Dorfplatz ist der falsche Ort. Die Trennung vom Amt des Bürgermeisters und politischen Interessen der Wählergruppe wird hier mit Füßen getreten.”

Viele offene Fragen

Die Kandidierenden fragen sich nun, wie es von `Seiten der Verwaltung zur Genehmigung einer solchen Wahlkampfveranstaltung unter der Marke “Familienfest” kommen konnte. Sie wüssten gerne, welchen Einfluss hat dabei der Bürgermeister gespielt hat, welche Bedenken seitens der Gemeindeverwaltung geäußert wurden und ob und wann die Teilnehmer der Kunstallee darüber informiert wurden. Diese Fragen konnten sie allerdings nicht mehr offiziell in der Gemeindevertretersitzung stellen, da die Information über den Veranstalter des Familienfestes erst nach dem letzten Hauptausschuss kam, so Kai Schultka (Die Linke).

Allerdings wurde bereits eine Anfrage an die Kommunalaufsicht gestellt, ob die Vorgehensweise rechtlich haltbar sei. Eine erste Einschätzung, die aber noch nicht schriftlich vorliege, habe ergeben, dass die Bedenken nachvollzogen werden können, dass es aber juristisch wohl nichts zu beanstanden gebe.

Bisher wollte Albers Wahlwerbung auf dem Familienfest verhindern

Besonders delikat an der ganzen Sache: Beim Familienfest 2021 hatte die Verwaltung – also Bürgermeister Bernd Albers – eine Satzung beantragt und durchgesetzt, dass auf dem Dorfplatz und auf den angrenzenden Straßen von 14 bis 22 Uhr keine Parteien- sowie Kandidatenwerbung erlaubt war. Ausdrücklich verboten waren Wahlstände, Verteilung von Wahlwerbung und sonstige Werbeartikel. Damals stimmten 15 Gemeindevertreter mit Ja, sechs mit nein, fünf enthielten sich. 2023 war Wahlwerbung nur in einem bestimmten vorgegebenen Bereich auf dem Dorfplatz erlaubt (14 Ja, sieben Nein, vier Enthaltungen).

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Die anderen Fraktionen seien eingeladen worden, mit einem Stand vertreten zu sein, sagt ein BfB-Mitglied. Eingeladen seien die Linken zwar nicht worden, sagt Schultka, doch wer angefragt habe, dem wäre der Wunsch positiv beschieden worden. Im Gegensatz zum Vorjahr werde diesmal allerdings der Stand nicht zur Verfügung gestellt. 

Das Familienfest

Für alle, die jetzt Lust haben, am Samstag zum Familienfest und zur Kunstmeile zu gehen, gibt es jetzt hier aber noch die nötigen organisatorischen Hinweise:

Das Familienfest wird um 15 Uhr eröffnet. Um 16 Uhr findet das Stahnsdorf-Quiz statt, um 16.30 Stehen Park Avenue auf dem Programm, gefolgt von der Quiz-Preisverleihung um 17.30 Uhr. Viasko (die Vicco-Band) spielt dann um 18.30 Uhr. Außerdem gibt es eine Hüpfburg und eine Bastelstraße sowie eine Spielzeugtauschbörse: Hier können Kinder Spielzeug mitbringen und tauschen. Eine Kuchentheke sowie Spiesen und Getränke sorgen für das leibliche Wohl.

Die Kunstallee

Von 11 bis 19 Uhr findet die Kunstallee statt, die erstmals im Vorjahr von Pamela Henning-Salomone als kleine Schwester der Kunstmeile ins Leben gerufen wurde. Auch in diesem Jahren präsentieren und verkaufen etwa 30 regionale Künstler:innen bei freiem Eintritt von der alten Dorfkirche bis zum Weiher am Dorfplatz ihre Werke. 

Das Angebot reicht dabei von Pastell- und Aquarellkunstwerken sowie Acrylmalerei über Grafiken, Skulpturen, Holz-und Textilarbeiten, Schmuck und Fliesenkunst bis hin zu Fotografien. 

Titelbild: Familienfest 2023, Foto: Gemeinde Stahnsdorf